Petitionsausschuss unter Vorsitz von Thomas Marwein befasst sich mit Eingaben zum Opferentschädigungsgesetz

Stuttgart. Mit mehreren Eingaben zum Opferentschädigungsgesetz hat sich der Petitionsausschuss in seiner Sitzung am Donnerstag, 29. Februar 2024, befasst. Das hat der Vorsitzende, Thomas Marwein (Grüne), mitgeteilt. „Eine Abhilfe war nicht möglich, da wir uns im Bundesrecht bewegen“, so Marwein. Dennoch habe es im Gremium Vorschläge gegeben, die die Situation von Betroffenen verbessern könnten. „Letztlich wurden die Petitionen als Material an die Regierung überwiesen“, fasste Thomas Marwein zusammen.

Die Petenten hätten in ihren Eingaben etwa die Einrichtung einer unabhängigen Monitoringstelle zur Überprüfung der Verfahren nach dem Opferentschädigungsgesetz sowie eine unabhängige Beschwerdestelle für Gewaltopfer gefordert. Insbesondere sei unter Bezugnahme auf eine Veröffentlichung des Weißen Rings in seiner Zeitschrift „Forum Opferhilfe“ zur bundesweiten Situation ein langwieriges, hochbürokratisches und nicht kundenfreundliches Antragsverfahren bemängelt worden. Dieses führe dazu, dass Gewaltopfer Anträge aus Selbstschutz zurücknehmen würden.

Der Bund habe unter dem Eindruck der schweren Folgen des Terroranschlags am Berliner Breitscheidplatz 2016 die erhöhte Dringlichkeit und die Bedeutung von schnellen psychologischen Hilfen und medizinischen Behandlungsmöglichkeiten sowie einer umfassenden Nachversorgung der Gewaltopfer erkannt. Aus diesem Grund sei das Soziale Entschädigungsrecht umfassend reformiert worden, gab Marwein die Ausführungen des Sozialministeriums wieder. Die Belange von Gewaltopfern stünden nunmehr im Fokus des SGB XIV – Soziale Entschädigung, das das Opferentschädigungsgesetz am 1.1.2024 abgelöst hat. Als neue, niederschwellige Angebote seien etwa Schnelle Hilfen eingeführt worden, das seien Leistungen in Traumaambulanzen und Leistungen des Fallmanagements. Hierdurch sollte erreicht werden, dass mehr Betroffene die Leistungen der Sozialen Entschädigung in Anspruch nehmen und besser unterstützt werden. Darüber hinaus stünden im Land verschiedene Einrichtungen und Institutionen für Informationen und Hilfen zur Verfügung. 2020 sei von der Landesregierung ein ehrenamtlicher Opferbeauftragter ernannt und eine zentrale Anlaufstelle für Opfer und Betroffene von Terroranschlägen, Amokläufen und Großschadensereignissen sowie deren Angehörigen beim Justizministerium eingerichtet worden.

Der Petitionsausschuss hatte einen Vertreter des Weißen Rings in die Sitzung eingeladen, um mit ihm über Erfahrungen im Umgang mit Opfern von Gewalttaten zu sprechen. Im Gespräch sei deutlich geworden, so Marwein, dass das Soziale Entschädigungsrecht weniger als einem Viertel der Bevölkerung bekannt sei. Nur 9,5 Prozent der Betroffenen würden einen Antrag stellen. Überdies seien die Erfolgsaussichten abhängig vom Bundesland, in dem der Antrag gestellt werde.

„Eine Verbesserung für Opfer wäre es, wenn in den Strafverfahren der Adhäsionsantrag gestellt wird“, so Thomas Marwein. Im Adhäsionsverfahren könnten im deutschen Prozessrecht zivilrechtliche Ansprüche, die aus einer Straftat erwachsen, statt in einem eigenen zivilgerichtlichen Verfahren unmittelbar im Strafprozess geltend gemacht werden, sofern der Streitgegenstand noch nicht anderweitig gerichtlich anhängig gemacht worden sei. „Aus Opfersicht macht das viel Sinn und führt letztlich auch zu einer Entlastung der Gerichte“, erläuterte der Vorsitzende. Außerdem habe sich der Petitionsausschuss Gedanken über Opferlotsen gemacht und über speziell geschulte Staatsanwälte und Richter. Auch das Sozialressort habe der Ausschuss in den Blick genommen. Marwein: „Schulungen für Sachbearbeitende in den Versorgungsämtern sind ein guter Weg zu einem empathischeren Umgang mit Opfern.“ In der Regel würden Opfer von Retraumatisierung sprechen, wenn sie im Verwaltungsverfahren direkt mit der Tat konfrontiert würden. „Das Sozialministerium könnte diese Schulungen anbieten oder für die Teilnahme an Schulungen anderer Anbieter werben“, legte Thomas Marwein dar.